Neues 10-MW Wasserkraftwerk bei Bremen nimmt Gestalt an

Zur Zeit sind 30 Arbeiter in der Baugrube der rund 40 Millionen Euro teuren Anlage beschäftigt. Denn das Kraftwerk wird weitestgehend unterirdisch neben dem bereits heute vorhandenen Weserwehr entstehen und im Mittel 42 Millionen Kilowattstunden (kWh) Ökostrom pro Jahr liefern. Das reicht aus, um rund 17.000 bremische Haushalte mit Elektrizität zu versorgen – und erspart der Atmosphäre jährlich 35.500 Tonnen CO2. Die Anlage mit einer Leistung von bis zu 10 Megawatt ist das drittgrößte Neubauprojekt Deutschlands zur Nutzung der Wasserkraft.

Im Einflussbereich von Ebbe und Flut

Das bereits vorhandene Weserwehr liegt in Bremen-Hastedt bei Flusskilometer 362, vor dem Übergang in die Unterweser. Technisch ist das Vorhaben sehr anspruchsvoll, weil das Kraftwerk, obwohl von der Nordsee aus gesehen noch hinter Bremen gelegen, im sogenannten Tidebereich errichtet wird. Mit Ebbe und Flut schwankt die Stromproduktion, da die nutzbare Fallhöhe bei Tideniedrigwasser etwa sechs, bei Tidehochwasser nur rund zwei Meter beträgt. Die Weser muss wegen des bestehenden Wehrs allerdings nicht extra aufgestaut werden, es werden einfach die vorhandenen Möglichkeiten genutzt.

Weserkraftwerk Bremen - Bildquelle: Weserkraftwerk Bremen GmbH & Co. KG
Weserkraftwerk Bremen – Bildquelle: Weserkraftwerk Bremen GmbH & Co. KG

1.000 Badewannen pro Sekunde

Aus dem angestauten Oberwasser wird durch ein rechtwinklig zum Strom angeordnetes Einlaufbauwerk (1) bis zu 220 Kubikmeter Wasser pro Sekunde entnommen. Das entspricht rund 1.000 gefüllten Badewannen – jede Sekunde! Nach dem Durchströmen des Grobrechens und des Feinrechens wird das Wasser in einem unterirdischen Triebwasserkanal (2) auf die im Turbinenhaus (3) eingebauten 2 Kaplan-Rohrturbinen geführt. Anschließend strömt das Wasser in dem offenen Auslaufbauwerk (4) wieder in das Unterwasser der Weser.
Bis auf die Rechenreinigungsanlagen und das Oberteil des Maschinenhauses wird später von der Anlage nichts zu sehen sein, denn sie wird komplett unterirdisch errichtet.

Weserkraftwerk Krafthaus - Bildquelle: Weserkraftwerk Bremen GmbH & Co. KG
Weserkraftwerk Krafthaus – Bildquelle: Weserkraftwerk Bremen GmbH & Co. KG

Langsamlaufende Turbinen

Mit 15 bis 90 Umdrehungen pro Minute sind die beiden geplanten Kaplan-Rohrturbinen ausgesprochene Langsamläufer. Mit nur 3 Schaufeln zählen sie zu den fischfreundlicheren Bauarten, da der Anteil von Prall- und Scherflächen minimal ist. Insbesondere der große Abstand zwischen Leit- und Laufschaufeln schließt Schermöglichkeiten aus, wie sie bauartbedingt an anderen, insbesondere älteren Bauarten zu finden sind.
Mit dem Ausbau auf knapp 10 Megawatt (MW) werden die vorhandenen Möglichkeiten der Stromgewinnung weitgehend ausgeschöpft. Die notwendige Betriebswassermenge steht an 180 Tagen zur Verfügung, in der anderen Hälfte des Jahres laufen die Maschinen mit geringerer Leistung. Das Weserkraftwerk wird der Atmosphäre rund 35.500 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ersparen.

Ökokonzept

Der Schutz wandernder Fischarten spielte bei der Planung eine wichtige Rolle. Geplant ist ein innovatives Fischschutzkonzept aus umfangreichen Aufstiegs- und Abstiegshilfen in Verbindung mit einem effektiven Schutz vor der Passage durch die Turbinen. Das aus der Weser abgezweigte Wasser strömt durch ein mit 42 Metern ungewöhnlich breites Einlaufbecken ein. Dadurch kann man den Feinrechen sehr engmaschig halten, ohne, dass es zu einer ungewollten Aufstauung kommt. Der Zwischenraum zwischen den Rechen-Stäben beträgt lediglich 25 Millimeter. Zudem ist die Anströmgeschwindigkeit mit 0,7 Meter/Sekunde so gering gewählt, dass Fische nicht an den Rechen gepresst werden.

Windkrafthersteller mit zweitem Standbein

Die Investition von ca. 40 Millionen Euro wird aus ca. 16 Mio. Euro Eigenkapital und Bankdarlehen in Höhe von 24 Mio. Euro finanziert. Die Betreibergesellschaft und zukünftige Eigentümerin, die Weserkraftwerk Bremen GmbH & Co. KG, wird zu 50 % der EIPP GmbH (einem Tochterunternehmen des Windanlagenherstellers ENERCON aus Aurich) sowie zu 50 % der swb AG, Bremen gehören. Was wenige wissen: ENERCON liefert nicht nur Windturbinen sondern auch Turbinen für Wasserkraftwerke, so auch die beiden Turbinen für das Weserkraftwerk Bremen. Die swb AG wird als örtlicher Stromversorger den Strom des Weserkraftwerks aufkaufen und als Ökostromprodukt bremischen Haushalten und Unternehmen anbieten.
Eine ursprünglich geplante Bürgerbeteiligung kann nach dem augenblicklichen Stand der Dinge vorerst nicht realisiert werden. Gestiegene Projektrisiken lassen es zurzeit aus rechtlichen Gründen nicht zu, den für eine Bürgerbeteiligung notwendigen Beteiligungsprospekt aufzulegen. Sobald die Bauphase erfolgreich abgeschlossen ist und sich ein klareres Bild ergibt, werden die Gesellschafter eine mögliche Kapitalbeteiligung der Bürger erneut prüfen.